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Projektierungsgrundlagen und allgemeine Informationen

Allgemeines

In einer Wasserkraftanlage (WKA) wird die potentielle Energie des Wassers zur Stromerzeugung genutzt. Die maximale elektrische Leistung berechnet sich überschlägig nach der Formel:  

Pel [kW] = 7 x Q [m³/s] x H [m]

Die Leistung einer Wasserkraftanlage ist nicht konstant, sondern schwankt in Abhängigkeit von dem zur Verfügung stehenden Abfluß Q und der momentanen Fallhöhe H, die meist auch vom Abfluß Q abhängt.
Der Wirkungsgrad der Turbine ist ebenfalls eine Funktion des Abflusses.
Der Wirkungsgrad des Übersetzungsgetriebes und des Generators ist lastabhängig, d.h. indirekt eine Funktion des Abflusses.

Bauarten von Wasserkraftanlagen

Man unterscheidet im wesentlichen zwischen Hochdruckanlagen (H > 50 m), Mitteldruckanlagen (50 m > H > 10 m) und Niederdruckanlagen (H < 10 m), wobei Hochdruck- und Mitteldruckanlagen ähnlich aufgebaut sind.

Nachfolgend werden wesentliche Eigenschaften aufgeführt: 

Niederdruckanlagen:

  • viel Wasser, wenig Gefälle
  • empfindlich gegenüber Anstieg des Unterwasser-Stands bei Hochwasser, d.h. Reduzierung der Fallhöhe und damit der Leistung
  • Wasserzu- und -abführung häufig durch offenen Freispiegelkanal (oder Einbau der Turbine direkt am Wehr)
  • geeignete Turbinenbauarten: Kaplanturbine (Rohrturbine mit schräger Welle oder Schachtturbine mit stehender Welle), Francisturbine (mit horizontaler oder vertikaler Welle), Durchströmturbine, eventuell Zuppinger-Wasserrad
  • häufig Übersetzungsgetriebe zwischen Turbine und Generator erforderlich (in Einzelfällen auch direkte Kopplung des Generators)

Hochdruck- und Mitteldruckanlagen:

  • wenig Wasser, viel Gefälle
  • unempfindlich gegenüber Anstieg des UW-Spiegels bei Hochwasser, d.h. annähernd konstante Fallhöhe
  • Wasserzuführung mittels Druckrohrleitung, dadurch lange Schließzeiten
  • geeignete Turbinenbauarten: Francis-Spiralturbine, Peltonturbine, eventuell Durchströmturbine
  • meist direkte Kopplung der Turbine mit dem Generator möglich

allgemeiner Aufbau von Wasserkraftanlagen:  

Wasserkraftanlagen bestehen aus folgenden Komponenten:

  • Wasserfassung
  • Rechen und Rechenreinigung
  • Triebwasserzuführung (eventuell mit Verschlussorgan)
  • Wasserturbine(n) mit Kraftabtrieb und Generator
  • elektrische Schalt- und Steuerungsanlage
  • Triebwasserabführung

Turbinenbauarten

Francisturbine:
Die Francisturbine ist eine Überdruckturbine und wird mittels eines Saugrohrs an das Unterwasser angeschlossen. Je nach Fallhöhe wird sie als Schacht- oder Spiralturbine gebaut. Sie verfügt über einen beweglichen Leitapparat, der das Wasser unter einem bestimmten Winkel auf die feststehenden Laufradschaufeln leitet. Der Leitapparat kann zur Absperrung der Wassers verwendet werden. Die Francisturbine erreicht Maximalwirkungsgrade bis etwa 90 % (bei alten Maschinen bis zu 80 %). Durch die feststehenden Laufschaufeln kann sie jedoch nur bis zu einer Beaufschlagung von rund 30 - 40 % mit "gutem" Wirkungsgrad betrieben werden. Durch die geringe Anzahl der beweglichen Teile und das feststehende Laufrad ist die Francisturbine sehr robust. Die ältesten, heute noch betriebenen Maschinen sind 100 Jahre alt.

Kaplanturbine:
Die Kaplanturbine wird als Niederdruckturbine in unterschiedlichen Varianten gebaut: als vertikale Schachtturbine und in verschiedenen Anordnungen als Rohrturbine mit schräger Wellenlage. Die Verbindung zum Unterwasser wird ebenfalls mittels eines Saugrohrs realisiert. Die "klassische" Kaplanturbine ist doppeltreguliert, d.h. mit verstellbaren Leitschaufeln (analog Francisturbine) und zusätzlich mit verstellbaren Laufschaufeln. Dadurch läßt sie sich bis zu einer Beaufschlagung von ca. 15 % betreiben und eignet sich für stark schwankende Abflüsse. Der maximale Wirkungsgrad ist ähnlich dem der Francisturbine. Aus Kostengründen werden auch sog. Semi-Kaplanturbinen angeboten, bei denen - auf Kosten des Wirkungsgradverlaufs - die Leit- oder Laufschaufeln starr sind. Eine Unterart sind die Propellerturbinen, die nicht reguliert werden (feststehende Lauf- und Leitschaufeln) und daher nur unter Vollbeaufschlagung betrieben werden können.    

Durchströmturbine:
Die Durchströmturbine ist mit einem walzenförmigen Laufrad ausgestattet, welches vom Wasser durchflossen wird. Bei großen Fallhöhen wird die Durchströmturbine als Gleichdruckturbine , d.h. ohne Saugrohr, eingesetzt. Ihr Maximalwirkungsgrad liegt rund 5 - 10 % unter dem der anderen Turbinentypen. Durch eine Zweiteilung des Turbineneinlaufs läßt sich jedoch ein guter Teillastwirkungsgrad erzielen, der vergleichbar mit dem der doppeltregulierten Kaplanturbine ist. Die Durchströmturbine ist eine relativ einfache, preiswerte Turbinenbauart, die auf den Leistungsbereich bis etwa 1000 kW beschränkt ist.    

Peltonturbine:
Die Peltonturbine ist die klassische Gleichdruckturbine, bei der ein Wasserstrahl auf ein mit Bechern ausgerüstetes Laufrad trifft. Anwendungsgebiete sind ausschließlich große Fallhöhen (i.a. über 50 m). Damit tritt die Peltonturbine in Konkurrenz zur Francis-Spiralturbine, weist aber einen besseren Teillastwirkungsgrad auf.    

Projektierungsgrundlagen  

Grundlage für die Projektierung einer Wasserkraftanlage ist die langjährige Abflussmengen-Dauerlinie sowie die Fallhöhen-Schlüsselkurve, die eine Aussage über die Fallhöhe bei einem bestimmten Abfluß macht. Auf dieser Basis kann eine Vorauswahl des geeigneten Turbinensystems getroffen werden.

Darüber hinaus spielen bei der Projektierung folgende Gesichtspunkte eine Rolle (Auswahl):

  • Zweck der WKA (z.B. autarke Stromversorgung, Einspeisung in ein übergeordnetes Netz, ausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte für den Bau der WKA, Maximierung der Jahresenergie usw.)
  • zur Verfügung stehender Platz und Einbauverhältnisse
  • Service- und Reparaturfreundlichkeit
  • Wasserqualität
  • betriebliche Gesichtspunkte
  • Anforderungen an Qualität und Lebensdauer usw. 

Jahresenergie-Potentialermittlung  

Mittels eines Computer-Programms läßt sich der Betrieb der WKA im Rechner simulieren. Damit kann ein Vergleich verschiedener Turbinenbauarten und -größen durchgeführt werden. Selbstverständlich müssen außer der Abflussmengendauerlinie auch alle anderen Randbedingungen bekannt sein, beispielsweise:

  • Restwassermenge
  • Fallhöhenverluste in der Triebwasserzuführung
  • Rechen- und Einströmverluste
  • sämtliche Wirkungsgrade der verwendeten Maschinen in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit

Als Ergebnis erhält man Leistungspläne für jede der untersuchten Varianten, die dem Projektanten die Auswahl des geeigneten Turbinentyps und der optimalen Turbinengröße ermöglichen.

Setzt man das Ergebnis der Jahresenergie-Potentialermittlung ins Verhältnis zu den Investitionskosten, erhält man die optimale Ausbaugröße der WKA. Diese liegt bei Neubauten i.a. bei 80 - 120 Überschreitungstagen, d.h. die Turbinenschluckfähigkeit wird so gewählt, dass an 80 bis 120 Tagen eines durchschnittlich wasserreichen Jahres mehr Wasser zur Verfügung steht, wie die Turbine verarbeiten kann. Erfahrungsgemäß führt dies zu 4000 - 5000 Stunden Vollastbetrieb im Jahr, sodass die Jahresenergieproduktion überschlägig mit  

Wa [kWh] = 4000 ... 5000 h  x  Pel [kW]  

angesetzt werden kann.    

Spezifische Investitionskosten  

Die spezifischen Investitionskosten betragen beim Neubau von Wasserkraftanlagen erfahrungsgemäß 5.000 – 10.000 EUR pro kW installierter elektrischer Leistung. Auf die Maschinentechnik entfällt davon ungefähr die Hälfte der Kosten.

Da die spezifischen Investitionskosten wesentlich durch die baulichen Gegebenheiten vor Ort beeinflusst werden, sind pauschale Aussagen ausgesprochen heikel. Stattdessen sollte für jeden potentiellen Standort eine Projektstudie angefertigt werden, die relativ geringe Kosten verursacht und die örtlichen Gegebenheiten recht genau berücksichtigt.  

 
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